Naturdenkmäler bei Bad Griesbach

Der Steinkart
In den Wäldern des Steinkarts lassen sich während des Spaziergangs zahlreiche Felsformationen und Zeugen steinzeitlicher Funde entdecken.
Die großzügigen Wälder des Staatsforstes mit Hochflächen von über 500 Metern liegen im Norden von Bad Griesbach. Dazu kommen nordöstlich von Bad Griesbach weitere Wälder in knapp unter 500 Metern.

Wander- und Nordic Walking Wege durch den Steinkart:  4 - 5 - 8 - 9 - 15 - 19 - 20

Wie sind die Naturdenkmäler im Steinkart entstanden?

Ein geologischer Abriss

Man ist sich heute darüber einig, dass vor rund 15 bis 17 Millionen Jahren bei der Abtragung der einst viel höheren Alpen durch gewaltige Ströme aus dem Inn- und Salzachgebiet Unmengen zerkleinerten und durch den Wassertransport meist abgerollten Gesteins schichtweise in unser östliches Alpenvorland geschüttet worden sind.

Zum Zeitpunkt der Aufschüttung enthielt dieser Schotter der sogenannten Oberen Süßwassermolasse noch alle seine ursprünglichen Bestandteile: Granite, Kalke, „Grünstein“ und vor allem einen hohen Anteil an Quarzen; man nennt ihn deshalb „Vollschotter“. Durch teils noch unbekannte, teils schon überschaubare Ursachen ist der über weite Flächen Ostniederbayerns ausgebreitete Vollschotter durch Verwitterung und Zersetzung vollkommen umgeformt worden.

Von allen Gesteinsbestandteilen sind nur die aus Quarz bestehenden Kiese und Gruse erhalten geblieben; man bezeichnet das Restergebnis deshalb als „Quarzrestschotter“. Wohin aber gelangten die übrigen Bestandteile? Der gelöste Kalk der Gerolle fiel anderwärts wieder in fester Form aus und bildete die mehrfach anstehenden dolomitischen Süßwasserkalke. Die den Vollschotter rostbraun färbenden Eisenverbindungen wurden ebenfalls gelöst und ausgewaschen (Bleichung). Eine sandig-tonige Schicht im oberen Drittel des Quarzrestschotters bot die Bedingungen der Wiederausfällung; die Eisen Verbindungen lagerten sich ab und sind heute als zentimeterstarke Platten von „Erz“, als Limonitknollen und bereits wieder aufgeweichte Nester von Eisenoxid zu finden.

Am wichtigsten aber wurden die Feldspatanteile der Granite dadurch, dass sie sich in Kaolin und gelöste Kieselsäure zersetzten. Wenn sich nun auch die Theorien nicht ganz einig sind, wie das im Einzelnen geschah, feststeht, dass auch die Kieselsäure wieder in eine feste Form überging, nämlich jene Quarzmasse, die in die oberen Schichten des Quarzrestschotters eingedrungen, ihn nun als fester Kitt zusammen kieselig verfestigte zu der sogenannten „Quarzkonglomeratbank“.

So entstand eine riesige wahrscheinlich meist sogar zusammenhängende bis zu drei Meter mächtige Felsenplatte über dem ganzen Land, die in den kommenden Jahrmillionen bis in unsere Zeit herein natürlich wieder neuen geologischen Schicksalen ausgeliefert war. Vor allem widerstand sie als einzige Felsgesteinschicht, mehr als die loseren darüber und darunterliegenden Kiesschichten, der mechanischen Abtragung, so dass sich 50 bis 150 Meter über dem Wasserspiegel der heutigen Flüsse und Bäche die Hochflächen des Steinkarts zwischen Bad Griesbach, Sankt Salvator, der Lugenz nordöstlich von Birnbach, des Sturzholzes nordwestlich und des Grafenwaldes südwestlich von Kößlarn, des Eringer Harts und des Schellenbergs bei Simbach am Inn, erhalten konnten.

An allen beobachteten Stellen zeigt sich das auffallende Phänomen, dass die Struktur zu der Oberfläche der Platten hin immer feiner wird. Von den kieselig verbackenen Quarzschottern an der Unterseite geht sie zu immer feinkörnigeren Quarzsanden über, die zu dichtem Kieselsandstein verkittet sind. Überall freilich, wo durch spätere Ereignisse der Zusammenhalt der Platte unterbrochen wurde, griffen Verwitterung und Erosion die darunterliegenden weichen Schichten an und rissen schroffe Schluchten und Täler ein, die die oft wilde und urtümliche Formation des Geländes um Bad Griesbach charakterisieren.

Ausspülungen und Unterhöhlungen in Quadratmetergröße bewirkten das Absacken und den Bruch kleiner Schollen, die in den weicheren Untergrund einsinkend sich oft tafelartig aufstellten, um dann in einigen Fällen wieder zu kippen und wie ein schiefes Dach am nächsten Block lehnen zu bleiben. Die Habererkirche und der Hohle Stein sind gute Beispiele dafür.

Eine beobachtbare Tatsache ist, dass das Quarzitkonglomerat von der Oberfläche her zapfenartig in den darunter liegenden Schotter eingreift. Das hat bei der Verwitterung zuweilen zur Folge, dass nischenartige Auswaschungen entstehen wie bei der „Luisenburg“ oder pilzartige Gebilde stehenbleiben wie beim „Steinschwammerl“.

Die Touristenattraktion „Steinschwammerl" und manch andere bizarre Felsbildung auf der Westseite des Steinkarts sind erst durch neuzeitlichen Kiesabbau entstanden, aber deswegen nicht weniger sehenswert. Leider gibt es seit ein paar Jahren nur noch einen abgebrochenen Fels, der sich nicht mehr als „Schwammerl“ darstellt.

Die niederbayerische Molasse

Im Alttertiär, vor etwa 40 Millionen Jahren, entstand im heutigen Südbayern vor dem sich hebenden Alpengebirge eine langgestreckte Senke, das Molassebecken. Etwa 30 Millionen Jahre lang nahm es den Abtragungsschutt der Alpen, aber auch der nördlich gelegenen Gebiete wie des Bayerischen Waldes auf. Zeitweise war es von einem Meer überflutet (Meeresmolasse), die übrige Zeit Festland mit Flüssen und Seen (Süßwassermolasse). Seine vielfältige geologische Geschichte ist dokumentiert in der Wechselfolge aus Tonen, Mergeln, Sanden und Kiesen.

In Südostniederbayern findet man heute vor allem die Molassesedimente des Miozäns an der Oberfläche, zum überwiegenden Teil unverfestigte Lockersedimente mit einem Alter zwischen 18 und 10 Millionen Jahren. Das einzige Festgestein und ein wichtiger Leithorizont ist das harte Quarzkonglomerat, aus dem auch die unzähligen Felsblöcke im Steinkart bestehen.

Wie entstand das Quarzkonglomerat?

Ein breites, von den Alpen kommend nach Nordwesten ausgerichtetes Flusssystem führte großflächig zur Ablagerung von sandigen Kiesen mit einem breiten Spektrum verschiedener Gesteine der Alpen: Die meisten Gerölle bestanden aus Quarz, hinzu kamen aber auch Kalk- und Dolomitstein, Sandstein und andere Sedimentgesteine sowie Kristallingerölle.

Diese mächtigen Schotterablagerungen blieben über die Jahrmillionen erhalten, im westlichen Niederbayern in der Gegend um Landshut werden sie als Nördliche Vollschotter bezeichnet. Östlich von Simbach und Pfarrkirchen war kurz nach ihrer Ablagerung vor etwa 15 Millionen Jahren die Sedimentation für etwa 2 Millionen Jahre unterbrochen. Bei warmgemäßigten bis subtropischen Klimabedingungen unterlagen die Schotter der Verwitterung und wurden dabei tiefgründig umgewandelt. Mit Ausnahme des widerstandsfähigen Minerals Quarz wurden fast alle Gerölle chemisch zersetzt und aufgelöst. Feldspatminerale wurden zum Tonmineral Kaolinit umgewandelt.

Als diese Verwitterungsphase zu Ende ging, blieb eine Gesteinseinheit zurück, die hauptsächlich aus in Quarzsand und Kaolinit eingebetteten Quarzgeröllen besteht – der Quarzrestschotter. Stellenweise ist nahe der damaligen Landoberfläche und als heutige Deckschicht der Quarzrestschotter eine ein bis vier Meter mächtige Konglomeratbank ausgebildet. Sie entstand bei der Verwitterung der silikatischen Bestandteile, als Kieselsäure (SiO2) freigesetzt, im Grundwasser gelöst und unter bestimmten chemischen Bedingungen wieder ausgefällt wurde. Die losen Quarzgerölle wurden durch dieses kieselige Bindemittel fest miteinander verbunden. Aus dem Quarzrestschotter war das harte und verwitterungsbeständige Quarzkonglomerat geworden. Als steile Geländestufen am Hang, als Unterlage von Verebnungsflächen und in Form von zahlreichen Einzelblöcken ist es im südöstlichen Niederbayern ein landschaftsprägendes Element.

Wie entstand der Blockstrom?

Die Quartärzeit ist durch mehrmaligen Wechsel von Kalt- und Warmzeiten und damit verbundener starker Erosion gekennzeichnet. Am Übergang vom Tal zur Hochfläche wurden die weicheren Schichten unter dem Quarzkonglomerat abgetragen. Dadurch sackte die harte Konglomeratplatte nach und zerbrach. Außerdem trug Frostsprengung zu einer weiteren Zerkleinerung der Blöcke bei. Während der Kaltzeiten kam es im Bereich von Frostböden zum Bodenfließen, bei dem auch große Blöcke hangabwärts wanderten. Niederschlagswasser hat in den vergangenen 10.000 Jahren das Feinmaterial ausgewaschen und abtransportiert.

 

 

Informationen von:

Irmgard Friedl, Reutern

Zobodat, Zoologisch-Botanische Datenbank, Gefährdete Natur- und Geschichtsdenkmäler in Ostbayern, Artikel von Dr. Georg Spitzlberger: „Steinkart und Lugenz als Beispiel ganzheitlicher Landschaftskunde“, 1980

Überlieferte Berichte von Leopold Weinzierl, Walter Janda

Infos: Umwelt-Atlas Bayern, „Griesbach im Rottal. Stadt und Heilbad“ (1996)

Bayerisches Landesamt für Umwelt, Bayerns schönste Geotope, www.lfu.bayern.de/geologie/bayerns_schoenste_geotope/index.htm